Am 1. Januar 2005 begann in Deutschland die Erhebung von Maut für schwere Nutzfahrzeuge. Auslöser waren die Lage im Herzen des europäischen Kontinents und das ständige Anwachsen des Transportaufkommens bei Gütern. Das Straßennetz wurde dadurch immer höheren Beanspruchungen ausgesetzt. Folglich stiegen auch die Belastungen für öffentliche Haushalte, sodass die Einführung einer Mautpflicht für schwere Lastkraftwagen beschlossen wurde.
Die Einführung folgte mit der gleichzeitigen Schaffung eines modernen Systems, welches ohne Stopps und ohne Mautstationen auf Autobahnen auskommt. Betrieben wurde das System von Toll Collect, was nach eigenen Angaben auf Nutzerfreundlichkeit und Komfort setzt. Seit dem 1. August 2012 wird Lkw-Maut auch auf verschiedenen Abschnitten vierspuriger Bundesstraße erhoben. Dadurch wurde das mautpflichtige Straßennetz um 1.135 Kilometer erweitert. Zum 1. Juli 2015 erfolgte eine nochmalige Erweiterung um 1.100 Kilometer autobahnähnlicher Bundesstraßen. Ab Juli 2018 sollen circa 40.000 zusätzliche Kilometer von der Mauterhebung betroffen sein.
Rechtliche Grundlagen
Am 19. Juli 2011 tragt das Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) in Kraft, welches das bis dahin geltende Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge (ABMG) ablöste. Das BFStrMG ist jedoch mit der bisher geltenden Regelung weitgehend identisch. Das Gesetz erfuhr maßgebliche Änderungen durch die Änderungen, die die Ausdehnung der Mautpflicht auf Bundesstraßen regelten.
Hintergrund des Gesetzes war die Schaffung eines entfernungsabhängigen Systems, das eine Finanzierung der Kosten für die Verkehrsinfrastruktur durch die Nutzer regeln sollte. Bislang musste die Allgemeinheit durch Steuern für den Bau und Unterhalt einer Autobahn oder Bundesstraße aufkommen. Durch das neue System soll nur der zu den Kosten herangezogen werden, der die Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur selbst nutzt.
Das Gesetz enthält eine Ermächtigungsregelung, nach der die Bundesregierung die Höhe der zu zahlenden Maut festsetzen kann. Die Höhe der Maut ist in der Anlage zum Bundesfernstraßenmautgesetz festgelegt. Die Mautverordnung regelt zudem die Einzelheiten zur Erhebung der Lkw-Maut. In der Mautstreckenausdehnungsverordnung wird die Mauterhebung auf Bundesstraßen festgelegt.
Kontinuierliche Kostenerhöhung
Die Lkw-Maut galt zunächst für Lastwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 12 Tonnen. Bereits Mitte 2014 teilte Bundesverkehrsminister Dobrindt die Erweiterung der Lkw-Maut zum 1. Juli 2015 und 1. Oktober 2015 mit. Seit dem 1. Januar 2015 gelten für Autobahnen und mautpflichtige Abschnitte von Bundesstraßen die gleichen Mautsätze. Am 1. Juli 2015 wurde die Lkw-Maut um 1.100 Kilometer autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraßen erweitert. Im August 2015 folgte die Erweiterung um 350 Kilometer Teststrecke für Lang-Lkw.
Zum 1. Oktober 2015 reduzierte sich die Grenze mautpflichtiger Lastkraftwagen von 12 Tonnen auf 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Die Mautsätze wurden nach Umweltfreundlichkeit und Achszahl des Fahrzeuges gestaffelt. Es gibt seitdem anstatt der bisherigen zwei jetzt vier Achsklassen. Seitdem müssen je Kilometer zwischen 8,1 und 21,8 Cent entrichtet werden. (>> Mehr Informationen zur Kosten der Lkw-Maut)
Ausweitung der Lkw-Maut
Bislang wurde die Lkw-Maut auf etwa 12.800 Kilometern Autobahnen und 2.300 Kilometern autobahnähnlichen Bundesstraßen erhoben. Durch die Erweiterung um die Bundesstraßen soll eine bessere Finanzierung der Fernstraßen erfolgen. Das Ziel ist die Schaffung und der Erhalt einer modernen, sicheren und leistungsstarken Verkehrsinfrastruktur in ganz Deutschland.
Ab 2018 soll die kostenpflichtige Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausgedehnt werden. Gegenwärtig ist der größte Teil des etwa 40.000 Kilometer umfassenden Netzes von Bundesstraßen noch nicht mautpflichtig, obwohl viele Lkws alle Bundesstraßen befahren und diese oftmals als Ausweichstrecke für überfüllte Autobahnen nutzen. Nach einer Mitteilung des Bundesverkehrsministeriums soll die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen weitere Einnahmen in Milliardenhöhe sicherstellen. Das Bundeskabinett hatte den entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes schon im Mai beschlossen. Mittlerweile stimmte auch der Bundestag dem Gesetz zu.
Die Ausdehnung der Mautpflicht auf alle Bundesstraßen könnte weitere Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr erbringen. Diese können, wie auch die bisherigen Mauteinnahmen, zweckgebunden in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Durch die Beteiligung von mehr Nutzern wird eine gerechtere Lastenverteilung bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur erwartet.
Finanzielle Beteiligung der Länder
Bislang kamen die Gesamteinnahmen in Höhe von etwa 4,5 Milliarden Euro jährlich ausschließlich dem Bund zugute. Von den geplanten Mehreinnahmen durch die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen sollen zukünftig auch die Länder profitieren. Etwa acht Prozent des Straßennetzes liegen nicht in der Zuständigkeit des Bundes. Daher ist geplant, die dort erzielten Einnahmen den Ländern nach Abzug aller Systemkosten zu zahlen. Bei den Teilstrecken, die sich im Verantwortungsbereich der Bundesländer befinden, handelt es sich überwiegend um ausgebaute Ortsdurchfahrten.
Anreize für schadstofffreie Lkw
Weiterhin sollen noch Anreize geschaffen werden, Lkw einzusetzen, die über einen geringeren Schadstoffausstoß verfügen. Lkw, die die Umwelt mit vielen Schadstoffen belasten, zahlen einen hohen Mautsatz. Folglich sind Fahrzeuge mit einer geringen Schadstoffbelastung für Unternehmen interessanter und werden zudem finanziell durch eine geringere Lkw-Maut belohnt. Der Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge wurde zum 1. Januar 2015 durch eine eigene Kategorie für Euro VI Fahrzeuge begünstigt.
Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode und Gesetzesinitiative der Bundesregierung
Der jetzt verabschiedete Gesetzentwurf folgt dem Koalitionsvertrag, der von der Großen Koalition geschlossen wurde. Zudem führt er einen Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2015 aus. Nach diesem Antrag musste die Bundesregierung bis spätestens 1. Juli 2016 einen Gesetzesentwurf beschließen, der ab Mitte 2018 die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausweitet.
Zielsetzung des Koalitionsvertrages war unter anderen, "in den nächsten vier Jahren die Mittel für die Verkehrsinfrastruktur substanziell zu erhöhen". Diese zusätzlichen Mittel sollen durch zusätzliche Gelder aus der Finanzierung durch die Nutzung von Lkw ergänzt werden. Deshalb werde die schon bestehende Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen erweitert.
Im August 2016 legte die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen Gesetzesentwurf vor, der die Erweiterung der Lkw-Maut zum 1. Juli 2018 auf allen Bundesstraßen vorsieht. Mit dieser Gesetzesinitiative verfolgte die Bundesregierung das Ziel, die Bundesfernstraße besser zu finanzieren und die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands zu erhalten.
Gesetzesentwurf
Nach Meinung der Sozialdemokraten müsse das Kabinett den Gesetzesentwurf zügig beschließen, da der Start für 2018 nur so technisch und juristisch einwandfrei vorbereitet werden könne. Die Erweiterung der Mautpflicht diene dem Erhalt von Brücken und der Beseitigung von Staustellen. Zudem wird davon ausgegangen, dass die Anzahl mautpflichtiger Fahrzeuge, die zuletzt bei 1,6 Millionen gelegen hat, um etwa 130.000 zunehme. Aufgrund der aktiven Beteiligung von mehr Nutzern würden die Lasten zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur breiter gestreut und gerechter verteilt.
Der Gesetzesentwurf sieht zudem vor, dass "spätestens bis Ende 2018" eine Prüfung erfolgen soll, ob die Mautpflicht auch auf kleinere Lkw mit einem Gesamtgewicht ab 3,5 Tonnen und auf Fernbusse ausgedehnt werden könne.
Die Grünen sehen den Gesetzesentwurf, der lediglich den Prüfauftrag für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen vorsehe, als "absurd" an. Immerhin seien Lastwagen zu mehr als 90 Prozent für die Abnutzung von Straßen und Brücken verantwortlich. Die Grünen halten die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und die Mautpflicht aller Lkw für "seit Jahren überfällig".
Die SPD hingegen spricht in diesem Zusammenhang von einer "Handwerkermaut", die es mit ihr nicht geben werde.
Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft hat bereits ein eindeutiges Nein zu einer weiteren Belastung im Verkehrsbereich angekündigt. Das Nein gelte sowohl für die Ausweitung auf alle Bundesstraßen und ebenso für die Erweiterung auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. Diese würden vorrangig von kleinen Gewerbetreibenden und Handwerksunternehmen betrieben. Zudem nehme der Staat den Autofahrern durch die Kfz-Steuer, die Mineralölsteuer und andere Nutzerabgaben jährlich schon über 50 Milliarden ab. Von dieser Summe fließe nur ein Bruchteil in die Verkehrsinfrastruktur, der größte Teil versickere in anderen Ressorts.
Von den Bundesländern wird sogar die Erweiterung der Lkw-Maut für Fernbusse gewünscht. Allerdings sieht die Bundesregierung gegenwärtig keinen Anlass für die Erweiterung der Mautpflicht auf Fernbusse. Die Organisation "Allianz pro Schiene" fordert jedoch, Fernbusse nicht aus dem Gesetz herauszuhalten.
Betreiber ab 2018
Das Verfahren zum Maut-System auf Autobahnen und Bundesstraßen soll ab Oktober ausgeschrieben werden. Der Vertrag mit dem bisherigen Betreiber Toll Collect läuft am 31. August 2018 aus. Interessenten können nach Plänen des Bundes, den bisherigen Betreiber aufkaufen und ab dem 1. September 2018 selbst als Betreiber agieren. Laut Bundesverkehrsministeriums wird voraussichtlich im ersten Quartal 2018 der Zuschlag erfolgen. Ein möglicher neuer Betreiber muss die Toll-Collect-Anteile dann jedoch vom Bund kaufen, der diese kurzzeitig übernimmt.
Der bisherige Betreiber Toll Collect ist ein Unternehmen, das von der Deutschen Telekom, Daimler und dem französischen Unternehmen Cofiroute gebildet wird. Die technischen Vorbereitungen für die Ausweitung der Maut auf Bundesstraßen sollen noch vom jetzigen Betreiber übernommen werden. Die Beauftragung für die vorbereitenden Maßnahmen durch Toll Collect erfolgte bereits. Sicher ist weiterhin, dass Toll Collect sich wieder um den Auftrag bewerben wird.
Dienstleister Toll Collect
Bei Einführung des Mautsystems wurde der Dienstleister Toll Collect zur Einrichtung eines Systems verpflichtet, das Satellitenortung mit Mobilfunk verbindet. Im Gegensatz zu anderen Methoden, wie zum Beispiel festen Kontrollpunkten, erfordert das System weder das Anhalten von Fahrzeugen auf der Autobahn oder Bundesstraße noch die Festlegung auf bestimmte Fahrstreifen.
Toll Collect stellt die notwendige Technik zur Verfügung, die die Merkmale wie Achszahl und Gesamtgewicht des Fahrzeuges bestimmt und Kennzeichen vergleicht. Die Überwachung und Kontrolle der Lkw-Maut erfolgt durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG). Ist ein Fahrzeug nicht für eine mautpflichtige Straße eingebucht, wird dieses zur Überprüfung angehalten. Die Gebühr ist dann nachträglich zu entrichten. Für Nutzer, de ihrer Pflicht zur Erfassung durch das automatische Verfahren nicht nachkommen, ist laut Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) ein Bußgeld bis 20.000,00 Euro vorgesehen. Hinzu kommt die Ahndung von Vergehen, wie zum Beispiel bei Verwechslung von Start- und Zielpunkt oder Kennzeichenfehlern. Wird eine gebuchte mautpflichtige Strecke im Straßennetz auf diese Weise umgangen, sind zwischen 35,00 und 200,00 Euro Geldbuße fällig.
Einbuchungssystem
Das Toll Collect System besteht aus drei Möglichkeiten der Einbuchung: Ein im Fahrzeug befindliches Gerät, das On-Board Unit (OBU), gewährleistet die automatische Erfassung. Zudem bieten über 3.500 Mautstellenterminals die Möglichkeit der manuellen Einbuchung. Die Terminals befinden sich an Tankstellen, Autohöfen, Raststätten oder in der Nähe von Autobahnauf- und -abfahrten. Ebenfalls kann das Einloggen durch das Internet erfolgen.
Der größte Teil des Systems fällt auf die automatische Einbuchung. Befährt ein Fahrzeug eine mautpflichtige Autobahn, werden Satellitensignale durch das Global Positioning System (GPS) erkannt. Hinzu kommen Ortungssensoren, die den Streckenabschnitt erfassen, über welchen ein Fahrzeug fährt. Das OBU ortet den Standort eines mautpflichtigen Fahrzeuges und kann dieses einem der etwa 5.200 Abschnitte des Autobahnnetzes zuordnen. Das System ermöglicht die Erfassung beider Fahrtrichtungen. Das Gerät ermittelt aufgrund der vom Nutzer gemachten Angaben die Zahl der Achsen, die Schadstoffklasse und berechnet daraus die zu entrichtende Mautgebühr. Die Daten werden sofort über Mobilfunk an das Rechenzentrum von Toll Collect weitergeleitet.
Die Toll Collect GmbH stellt das OBU kostenfrei zur Verfügung. Gerät und Zubehör (Kabel und OBU-Antennen) bleibt jedoch Eigentum von Toll Collect. Vor Einbau des OBU registriert sich zum Beispiel ein Spediteur durch das Internet beim Kundenportal und meldet die mautpflichtigen Fahrzeuge an. Anschließend wird das OBU durch einen Servicepartner eingebaut.
Die Einbuchung einer mautpflichtigen Strecke kann auch an einem Terminal oder durch das Internet erfolgen. Voraussetzung ist die Registrierung bei Toll Collect. Die Gebühren werden durch Lastschrift abgebucht oder ihre Berechnung erfolgt auf Basis einer Tank- beziehungsweise Flottenkarte oder eines Guthabenkontos. (>> Maut Buchen)
Weitere Innovationen
Ab 2018 bietet Toll Collect eine App, die das mobile Einbuchen ermöglicht. Daneben sollen die Interneteinbuchung und die Nutzung der Terminals verbessert werden. Die Einhaltung der Gebührenpflicht soll neben mobilen Kontrollen in Zukunft durch sogenannte Kontrollsäulen überprüft werden.
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